Presseberichte und Katalogtexte

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Bericht im Blog nathinduss.com

nathinduss.com

Videoportrait im Blog mused-mosaik.de

Kreisbilder

Die Kreisbilder von Lea Lenhart und Andrej Henze wirken auf den ersten Blick schlicht – bildet ihre Komposition doch lediglich eine zentriert im weißen Quadrat sitzende Kreisform. Auffällig ist jedoch die Farbintensität, die den Betrachter in ihren Bann zieht. Bewegt sich dieser vor den Werken, so bemerkt er, dass die Form sich ändert.

Es entsteht eine dreidimensionale Wirkung, die durch die zwei verschiedenen Ebenen hervorgerufen wird, auf denen das Künstlerpaar arbeitet. Während Andrej Henze mit Öl auf das matt-weiße Plexiglas malt, webt Lea Lenhart mit opaken, matten, glänzenden und transluzenten Glasperlen einen durchbrochenen Teppich, welcher, durch transparente Nylonfäden gehalten, mit einigen Zentimetern Abstand vor der Malerei zu schweben scheint. Somit durchbrechen die Künstler die ästhetische Grenze: Der Bildraum ist nicht mehr durch den Bildträger als Fläche vom Betrachter getrennt. Denn vor der ersten Ebene – malerisch angelegt – spannt sich wie beschrieben die zweite Ebene. Und dieser 2. Bildträger nimmt das gemalte Motiv wieder auf, aber mit anderen Mitteln, nämlich mit schimmernden Glasperlen.

So entsteht ein Spiel der verschiedenen Materialien miteinander, zu dem sich der Betrachter gern auffordern lässt. Beim prüfenden Wechsel der Position erfährt er einmal ein unablässiges Fließen des starken Farbeindrucks, zum anderen nähern sich die gegensätzlichen Ebenen einander an und bilden eine neue Einheit in seinen Augen: Neue Erkenntnisse, Einsichten und Deutungen ergeben sich im geheimnisvollen Spiel, so entsteht eine starke Sogwirkung; der Bildraum entwickelt sich nach vorn auf uns zu. Es entsteht eine Interaktion zwischen Bild und Betrachter, da dieser die Räumlichkeit des Werkes durch Hin- und Herbewegen erforscht und die Arbeit dabei jeweils neue Sinneseindrücke liefert. Technik und Thema bilden bei Lea Lenhart und Andrej Henze eine Einheit – die Perle bildet an sich bereits eine Kreisform; so ergeben viele kleine Einzelkreise einen großen neuen Kreis.

Der Kreis ist als klare überschaubare Form schnell zu erfassen und bildet so die Basis für Vertrautheit und Gewohnheit. Weil die Informationsverarbeitung, die der Mensch beim Wahrnehmen eines Kreises leisten muss, unkompliziert ist, übt dieser eine beruhigende Wirkung aus. Ohne Bindung an die Vertikal- und Horizontalausrichtung der architektonischen Umgebung ist der Kreis frei von jeder Beziehungen zur Schwerkraft. Er ist ein in sich abgeschlossenes, symmetrisches Gebilde, das Ruhe und Harmonie ausdrückt. Er hat weder Anfang noch Ende, weder Richtung noch Orientierung. Einerseits erinnert er uns an das Rad, das durch seine mögliche Bewegung Dynamik ausdrückt, andererseits steht er auch für die Sonne, deren Dynamik nicht nur durch die Rotation, sondern eher durch Strahlungsenergie auf uns einwirkt. Somit steht der Kreis wegen seiner dauerhaft fließenden bzw. strahlenden Bewegung für Ewigkeit und wird aufgrund seiner Richtungslosigkeit mit dem Vollkommenen verbunden. Da er ohne Ziel ist, gibt es in ihm keine zeitliche Abfolge.

Wegen seiner gänzlichen Symmetrie ist er Symbol der Verharrung, der außerzeitlichen Dauer und damit der Göttlichkeit. Die konzentrischen Kreise bei Lenhart und Henze kennen wir auch von einem Gegenstand, der ins Wasser geworfen wird. Sie können als Sinnbild des Versinkens (in den Wassern des Todes) verstanden werden und verweisen damit auf eine jenseitige Welt. Das Gegenstück zum Kreis ist im symbolkundlichen Sinne das Quadrat. Dieses ist ähnlich ausgeglichen wie die Kreisform, da es sich gleichweit in die Breite wie in die Höhe ausdehnt. Allerdings hat es im Gegensatz dazu nicht unendlich viele vom Zentrum ausgehende Symmetrieachsen, sondern lediglich vier, die Mittelsenkrechten und die Diagonalen. Es ist daher fest in seiner Umgebung verankert und an die Schwerkraft gebunden, wodurch es zum Sinnbild für das Irdische, Weltliche wird. Auch die vier Kanten des Quadrat spiegeln die häufig im Bereich des Irdischen auftretende Zahl vier wieder (siehe vier Jahreszeiten, vier Windrichtungen, etc.).

Da Lea Lenhart und Andrej Henze ihre Kreiskomposition in ein Quadrat einbeschreiben, verweisen sie somit auf die sprichwörtliche Aufgabe einer „Quadratur des Kreises“. Die Unmöglichkeit der Lösung dieses Problems zeigt das Bemühen des Menschen, seine eigene Substanz in jene der Gottheit übergehen zu lassen. Auch wenn das Künstlerpaar mit seiner Werkreihe an der Lösung dieser Aufgabe scheitern muss, so ermöglichen sie dem Betrachter doch einen meditativen Blick auf sich und unser Universum.

Kristina Henze

Perlenbilder, IHK magazin, Oktober 2010

Die Sache mit den Perlen wächst Lea Lenhart aus ihrer Jugend zu. Die Künstlerin erzählt, wie ihre Mutter nach Düsseldorf kam, im Gepäck die Glasperlensammlung, die Klein-Lea zusammengetragen hatte. Da studierte sie in der Rissa-Klasse der Kunstakademie Malerei und erfand kurzerhand das, was seit nun acht Jahren ihr Markenzeichen ist: Perlenbilder. Zunächst spannte sie vor ihre Portraits in Öl auf Leinwand diese nahezu unsichtbaren Nylonfäden, die als Art Kette für die Webarbeit dienen, bei der farbige Glasperlen im Ton der Malerei in einer zweiten Ebene aufgebracht werden. Ein Doppel von der Malerei, irisierend im Licht leuchtend, ungemein lebendig in überaus differenzierter Farbigkeit, dabei zarte Schatten werfend, filigrane Handwerkskunst obendrein.

Was bei Portraits funktionierte, übertrug die Malerin auf Blumen-, Insekten-Bilder, das größte mit rund zehn Kilogramm Glasperlen bestückt, 400.000 Stück – die Arbeit eines ganzen Jahres. In der Viersener Ausstellung zeigt die rothaarige Künstlerin Farbkreise, Farbfelder, Reihen von Ornamenten – in den typischen Plexiglas-Kästchen, die die Zerbrechlichkeit und Transparenz betonen, gleichzeitig wie Schatzkästlein wirken. “Ich möchte die Schönheit auf die Spitze treiben”, bekennt sie ganz selbstverständlich und nimmt jeden Begriffen wie “dekorativ” den kritischen Beigeschmack. Denn so zauberhaft, beinahe naiv Lea Lenharts Werk auch anmutet, es spielt doch wagemutig mit den Bild- und Wahrnehungsbenen, bringt den Betrachter zum Staunen über die Kunst, die Welt und sich selbst.

Armin Kaumanns

Zeitgeräusche, Katalogtext, Galerie alte Lateinschule, Viersen

Künstler waren zu allen Zeiten Grenzgänger und Querdenker. Eine relativ neue Erscheinung jedoch sind die „Grenzüberschreitungen“ bei der Verwendung von Künstlermaterial. In einer noch nie dagewesenen Schnelligkeit, Leichtigkeit und Experimentierfreude werden heute in der Welt der Kunst die ungewöhnlichsten Materialien eingesetzt und miteinander kombiniert.

Auch Lea Lenhart wählt für ihre künstlerische Arbeit ein ungewöhnliches Material: glänzende, funkelnde Glasperlen, die sie schon als Kind faszinierten und denen sie sich nach einer Phase der Öl- und Acrylmalerei seit 2002 in ihrem künstlerischen Schaffen ganz zuwandte. Lea Lenhart webt Perlenbilder in einer speziellen von ihr selbst entwickelten Technik aus vielen tausend Muranoglasperlen.

Das bildnerische Verfahren geht zurück auf die indianische Tradition des Perlenwebens. Doch sie hat ihre eigene Methode der Verknüpfung von Perlen mit Kett- und Schußfäden zu hoher Kunstfertigkeit entwickelt und schafft abstrakte Bildkompositionen, die in einem kaum sichtbaren Geflecht von Nylonfäden schweben und in ihrer meisterhaften Vielfarbigkeit und variantenreichen Oberflächenbeschaffenheit beeindruckende Plastizität und strahlende Leuchtkraft haben.

Auf Objektkästen verspannt erhält das gewebte Bild eine dritte Dimension, die noch verstärkt wird durch Lichtspiegelungen und Schattenbildung, aber auch durch die Bemalung des Hintergrundes – monochrom weiß, gold und silber – oder die abstrakten Formen in gleichen Farben wiederholend. Lea Lenharts außergewöhnliche Perlenbilder sind schön, sie sind harmonisch in ihren Farben und symmetrisch in ihren Kompositionen. Mit diesem Bekenntnis zur Schönheit trifft sie das neue Interesse am Schönen in der Kunst, denn lange Zeit wollten moderne Künstler der Schönheit entkommen, sie wollten mit ihrer Kunst verstören, mitreissen, aufbegehren gegen jeden Anschein von Harmonie.

Lea Lenhart verbindet ästhetischen Genuss mit inhaltlicher Erkenntnis, deren Sinnzusammenhang häufig über den Titel der jeweiligen Arbeit transportiert wird. In ihrer Arbeit „Melodie aus Neudehli“ setzt sie das Symbol Kreis – Zeit und Unendlichkeit – in exotischen Farben und gekonnter Harmonik, Rhythmik, Dynamik und Dichte um und entführt uns in die sinnliche Welt der Farben und Klänge Indiens – „Zeitgeräusche“.

Gisela Willems-Liening